Emotionales Essen – und wie ich es in den Griff bekommen habe

„Emotionales Essen“ ist ein Thema, das viele Menschen bewegt und belastet – und zwar keineswegs nur Menschen, die zu viel wiegen! Natürlich führt emotionales Essen häufig zu Übergewicht, weil es uns dazu bringt mehr zu essen als wir brauchen, und dann in der Regel ja auch kein Obst und Gemüse – aber auch Menschen die auf den ersten Blick überhaupt kein Problem mit ihrem Gewicht haben, können unter einem emotionalen Essverhalten leiden. Das ist z.B. dann der Fall, wenn sie sich von diesem Thema total beherrscht fühlen; wenn ihre Gedanken unablässig um das Thema „Essen“ kreisen und sich alles nur noch um die Frage dreht, was und wieviel sie heute schon gegessen haben, und was sie noch „dürfen“.

Wenn jegliche Leichtigkeit in diesem Bereich fehlt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß das Thema Essen emotional besetzt, und ein Austragungsort für innere Kämpfe und Konflikte ist. Oft spiegelt sich das in der Körperfülle wieder, aber eben nicht immer.

Natürlich kann Essen auch positiv emotional besetzt sein – z.B. wenn zu unseren schönsten und wärmsten Kindheitserinnerungen die Weihnachtsessen bei Oma gehören. Aber wenn ich in diesem Artikel von emotionalem Essen spreche, dann meine ich den Bereich der uns einschränkt und belastete, der dysfunktional ist, und in dem wir nicht so handeln können, wie wir es eigentlich wollen.

Emotionales Essen ist ein häufiges und unheimlich umfangreiches und tiefgehendes Thema, und zusammen mit dem Thema Gewicht auch ein häufiger Schwerpunkt in meinem „Seelenfasten“- Coaching. Und es ist klar daß man Muster, die sich über viele Jahre etabliert haben, in der Regel auch nicht über Nacht wieder los wird – sie müssen erkannt, verstanden, losgelassen und neu gelernt werden, und das dauert einfach seine Zeit. Aber trotzdem gibt es ein paar Ansätze, die bei diesen Thema sofort Erleichterung bringen können, und die möchte ich heute gerne weitergeben.

Bei mir waren es etwa 40 kg seelischer Ballast, die ich mir erst angefuttert und dann wieder losgelassen habe – das war ein Prozess über eine lange Zeit; und das gänzlich andere Essverhalten, das heute normal für mich ist, hat sich erst nach und nach etabliert. Davor stand eine Menge an (Selbst-) Erkenntnis, der Aufbau einer neuen Beziehung zu mir selbst, und die Entdeckung und Umsetzung der Liebe zu mir selbst. Das hat gedauert, aber dafür ist diese Transformation jetzt auch dauerhaft, nachhaltig und durchtränkt alle Bereiche meines Lebens.

Erkenntnis ist dabei natürlich immer der erste Schritt – nur wenn mir bewusst ist daß ich emotional esse (und warum), kann ich auch etwas dagegen tun. Darum ist Achtsamkeit, bewusst wahrzunehmen was man tut, absolut unerlässlich in diesem Prozess.

Menschen mit Übergewicht wird häufig empfohlen Essenstagebücher zu führen; also aufzuschreiben wann sie was und wieviel gegessen haben – das ist meiner Meinung aber nur dann sinnvoll, wenn man auch die Situationen und Emotionen miterfasst, die zu diesem Essverhalten geführt haben. Denn nur dann kann man die unbewussten Muster erfassen die in diesem Bereich ablaufen, und z.B. erkennen, daß man vor allem dann zu viel und/oder Dinge die einem nicht guttun isst, wenn man einsam / frustriert / enttäuscht / gestresst / genervt / gelangweilt usw. ist.

Das wahrzunehmen (BEVOR man diese Emotionen dann im wahrsten Sinne des Wortes herunterschluckt, denn nichts anderes tut man in einem solchen Moment), ist fundamental wichtig – denn dann holt man diesen Vorgang von den 96% Unterbewusstsein ins Bewusstsein, und nur dort kann man auch etwas daran ändern.

Aber leider droht dann auch schon direkt die nächste Stolperfalle: Der Anspruch an sich selbst, es dann jetzt aber auch bitte sein lassen zu können!

Denn schließlich hat man ja jetzt erkannt was Phase ist, und es dann trotzdem zu machen wäre ja total bescheuert!

Und wenn man es trotz dieserErkenntnise nicht hinbekommt, fühlt sich noch blöder als eh schon. Kommt Dir das bekannt vor? 😉

Mir ging es jedenfalls ständig so, und es hat mir immer noch mehr Druck gemacht – und es hat dazu geführt daß ich aus lauter Frust darüber, daß ich es nicht hinbekommen habe, NOCH MEHR gegessen habe. (Und hinzu kam in solchen Momenten natürlich auch noch der „Jetzt-ist-es-auch-egal“-Gedanke, der wahrscheinlich jedem emotionalen Esser bestens vertraut ist: Wenn ich es nicht geschafft habe diesem einen Riegel Schokolade zu widerstehen, dann kommt es jetzt eh nicht mehr drauf an, dann kann ich jetzt auch gleich die ganze Tafel essen.^^)

Es ist ein elender Teufelskreis aus vermeintlicher Unfähigkeit und Selbstverurteilung, der dazu führt daß wir uns unentwegt schwach und schuldig fühlen.

Durchbrochen habe ich ihn schließlich u.a. dadurch, daß ich mit selbst ein paar Dinge vereinbart habe, und daran halte ich mich bis heute:

1. Ich verbiete mir nichts auf das ich Heißhunger habe – wenn mein Körper oder meine Seele nach etwas schreien, dann sollen sie es auch bekommen. Aber:

BEVOR ich anfange zu essen, nehme ich mir ein zehn Minuten Zeit, um aufmerksam und offen in mich reinzufühlen, was eigentlich grade genau los ist. Welche Gefühle und Bedürfnisse sind da in mir, was brauche ich gerade WIRKLICH? Brauche ich Trost, Unterstützung, Aufmunterung, Liebe, Ablenkung, oder Belohnung?

Und gibt es etwas womit ich mir das geben könnte, ohne mir gleichzeitig zu schaden oder mich zu schwächen, wie es ja bei Süßigkeiten oder Chips oder Fast Food der Fall ist? Einen Spaziergang zum Auftanken z.B., ein paar Minuten tanzen zu lauter Musik um Stress abzubauen; eine Umarmung, ein Telefonat mit einer Freundin, eine Runde heulen, mit dem Kissen aufs Sofa einschlagen, um endlich alle Wut rauszulassen die in mir ist?

Wenn möglich gebe ich mir das dann, und zwar sofort – und oft brauche ich dann gar nicht mehr, wonach ich eben noch so gegiert habe. Aber wenn doch, dann esse ich es auch – aber mit guten Gewissen und Genuss! (Aber unter Berücksichtigung von Punkt 2, der kommt gleich.)

Was aber, wenn ich Bedürfnisse erkenne, sich nicht so einfach realisieren lassen (z.B. der Wunsch nach einer liebevollen Beziehung oder wildem, hemmungslosen Sex, aber nichts davon ist in Sicht)?

Dann geht es vor allem darum, es einfach erstmal anzunehmen wie es ist. Die Situation, die Gefühle dazu, sich selbst, alles. Alles an Schmerz, den ganzen Frust, all die Sehnsucht.

Es ist wie es ist und es ist nicht zu ändern; zumindest nicht jetzt gerade – aber ich kann liebevoll auf mich schauen mit alledem, auf mich und meine Wünsche und Bedürfnisse.

Schmerz ist nichts anderes als gestaute Energie; er entsteht nicht dadurch daß die Dinge sind wie sie sind, sondern dadurch daß wir dagegen ankämpfen daß sie es sind; daß wir sie anders haben wollen.

Die Umstände anzunehmen wie sie sind bedeutet nicht, daß wir uns damit abfinden oder nichts mehr daran ändern wollen – es bedeutet nur, daß wir akzeptieren daß es jetzt gerade so ist wie es ist, und daß wir jetzt und hier gerade nichts daran ändern können. Das allein nimmt unglaublich viel Druck aus unserem emotionalen Kessel und schont extrem unsere Kräfte.

Aber nun zu Punkt 2 – ein kleiner, aber absolut entscheidender Kniff für mich, der mich im Laufe der Jahre wahrscheinlich vor ungefähr einer Million Kalorien bewahrt hat:

Ich esse alles worauf ich Heißhunger habe – aber nur soviel, bis die erste Gier befriedigt ist – und danach schmeiße ich den Rest sofort weg!

(Ich weiß man soll kein Essen wegwerfen, und ich bemühe mich auch redlich das ansonsten auch nicht zu tun – aber irgendwann ist mir klar geworden, daß keinem hungrigen Kind in Afrika damit geholfen ist, wenn ich noch dicker werde oder es mir noch schlechter geht, weil ich immer brav die Packung Chips leer gegessen habe^^)

So vermeide ich, daß ich mehr esse als ich eigentlich „brauche“, nur weil es eben noch da ist – und darum kaufe ich auch nie Süßigkeiten auf Vorrat. Denn ich kenne mich: Liegt da etwas in der Schublade, dann esse ich es im Zweifelsfall einfach weil es da ist, auch wenn es in dem Moment gar nicht sein müsste. Das kann ich blöd von mir finden und die Erwartung an mich selbst haben, daß ich es auch anders hinkriegen müsste – oder ich kann es einfach hinnehmen daß ich darin eben einfach nicht gut bin, und mich darum schlicht und ergreifend nicht in die Situation bringen, Süßkram im Haus zu haben. Ich nenne es übrigens das Prinzip der angewandten Cleverness 😉

Und mit diesen Prinzipien fahre ich immer noch sehr sehr gut. Die Momente in denen ich emotional esse sind super selten geworden – aber wenn sie nochmal kommen mache ich kein Drama draus, sondern nehme sie einfach so hin, und gut ist. Im Gegensatz zu früher lasse ich mich von diesen Momenten nicht mehr verunsichern und aus der Bahn werfen, und der „Jetzt-ist-es-auch-egal“-Gedanke hat dadurch keine Chance mehr.

Den ich weiß es inzwischen einfach besser: Selbst wenn ich eine Jumbo-Packung Chips gegessen habe, oder eine 750g Tafel Schokolade oder von mir aus auch eine ganze Torte: Es spricht absolut NICHTS dagegen, schon bei der nächsten Mahlzeit wieder gut zu mir zu sein und einfach weiter zu machen mit meinem Programm.

Das war ein Ausrutscher, na und? Es ist fundamental wichtig, sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Zu jedem Weg gehören Rückschritte – aber sie bedeuten nicht, daß man nicht immer noch straight sein Ziel ansteuert!

Umso liebevoller ich auf mich und mich und meinen Weg schauen kann, umso entspannterkann ich mit solchen Ausreißern umgehen – und darum ist ein weiteres, sehr wichtiges Thema im Zusammenhang mit emotionalem Essen, das Thema Selbstliebe.

Gerade wenn es darum geht, Dinge wegzulassen von denen wir wissen daß sie uns definitiv nicht gut tun, kommt es letztlich sehr darauf an, wie sehr wir uns selbst lieben und beschützen wollen.

Denn ganz ehrlich: Würden wir unserer Freundin, unserem Partner oder unserem Kind etwas zu essen geben, von dem wir wissen daß es ihm später Bauchschmerzen, Krämpfe, Durchfall oder Kopfschmerzen bereitet? Oder brennenden Selbsthass oder zumindest ein wahnsinnig schlechtes Gewissen? Wohl eher nicht. Bei uns selbst sind wir da leider weitaus weniger zimperlich. Das gilt nicht nur für Süßigkeiten und Fast Food, sondern auch für Unverträglichkeiten, die wir einfach übergehen. Wenn ich weiß (und mein Körper mir auch immer wieder deutlich macht) daß ich gewisse Dinge nicht vertrage (wie zum Beispiel Kuhmilchprodukte), dann ist es klug und richtig, ihn damit auch nicht zu quälen – egal wie gut mir der Käse oder die Sahne auch schmeckt.

Darum steht und fällt letztlich alles mit der Selbstliebe: Wie viel bin ich mir selbst wert wenn es darum geht auf gewisse Dinge zu verzichten, und was ist mir wichtiger: Die Schokolade und der Käse oder mein Wohlergehen?

In solchen Situationen kann es hilfreich sein, sich selbst zu fragen: Würde ich das essen, wenn ich mich wirklich wirklich richtig doll lieben würde? WAS würde ich essen, wenn ich nur mein Bestes wollte und richtig gut für mich sorgen würde; wenn ich mir selbst meine beste Freundin, mein bester Freund wäre?

Passend zu diesem Gedanken habe ich kürzlich bei myMonk.de einen Artikel gelesen, der mich absolut begeistert hat:
Es geht um den Perspektivwechsel, Selbstdisziplin (in diesen Fall also die Entscheidung etwas NICHT zu essen, oder nicht mehr so viel davon, oder z.B. Sport zu machen), nicht mehr als Strenge und als Härte gegenüber uns selbst anzusehen, sondern als „Empathie mit meinem zukünftigen Ich“. (Den Artikel findet ihr hier:  http://mymonk.de/empathisch-in-die-zukunft/)

Dieser Ansatz hat nämlich auch ganz viel mit Selbstliebe zu tun, bedeutet er doch: Ich verzichte auf die Schokolade oder die Chips, weil ich jetzt schon weiß wie mies ich mich ansonsten später fühlen werde; und ich liebe mich einfach so sehr, daß ich mir dieses Gefühl ersparen möchte. Oder ich gehe, im umgekehrten Fall, zum Sport, weil ich jetzt schon weiß wie großartig ich mich danach fühlen werde, und weil ich es mir selbst z.B. wert bin, ohne Rückenschmerzen durchs Leben zu gehen.

Klar tun wir diese Dinge manchmal auch so, wenn wir auf herkömmliche Weise diszipliert genug sind, aber sie aus Selbstliebe zu tun ist einfach soooooo viel schöner! 🙂

Und diese Erkenntnis ist so tief gesackt bei mir, daß ich mich neuerdings sogar gerne Sport mache – und mich liebevoll zu ernähren geht leichter als je zuvor. <3

Ich hoffe daß meine Erfahrungen Dir eventuell helfen, in Zukunft auf leichtere und liebevollere Weise gut zu Dir zu sein – das würde mich wahnsinnig glücklich machen!

Und etwas ganz wichtiges noch zum Schluss: Wenn all diese Dinge und Gedanken nicht helfen; wenn es einfach einer dieser Tage ist, an denen Du nicht anders kannst als die gesamte verdammte Tafel oder die Familientüte Chips restlos aufzuessen – dann GENIESS sie bitte auch! Wenn schon, denn schon! Denn alles andere wäre doch wirklich verrückt.^^ 😉

Welche Erfahrungen hast Du mit emotionalem Essen gemacht, welches sind deine größten Stolperfallen? Oder was hat Dir geholfen, sie zu überwinden?

Alle Liebe und bis bald
Inga

 

 

 

 

 

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