Ich habe ein paar Leitsprüche, an denen ich mich seit vielen Jahren orientiere wie an einem Kompass oder einem Leuchtturm, und die mich sicher durch jeden Nebel und jeden Sturm hindurch navigieren – und obwohl sie alle großartig und hilfreich sind (weswegen ich sie auch alle im Seelenfasten-Buch weitergeben werde), gibt es doch ein Motto, das mich nach wie vor mehr als alle anderen befreit, und der reinste Turbo-Booster für meine Entwicklung ist:
„Man sollte nie etwas tun oder lassen aus Angst.“
(Kleiner Fun-Fakt am Rande: Der Mensch, der mir diesen Satz geschenkt hat, war Jürgen Trittin; in einem Fernsehinterview vor ewig langer Zeit – tausend Dank dafür; Sie können sich nicht vorstellen wie sehr diese Aussage mein Leben positiv beeinflusst hat und es immer noch tut. )
Tatsächlich arbeite ich so konsequent mit diesem Motto, dass ich mich bei jeder wichtigen Entscheidung in meinem Leben frage, was meine tatsächliche Intention dahinter ist bzw. wäre – und wann immer die Antwort „Angst“ ist, entscheide ich mich für das genaue Gegenteil.
Denn ich habe irgendwann in meinem Leben entschieden, dass ich der Angst niemals das Feld überlassen will und werde; weil sie uns zu Knechten macht und klein halten will – und das kommt einfach mal so überhaupt nicht in Frage.
Ein Bekannter sagte mal zu mir, dass er es bewundere wie furchtlos ich sei – und da musste ich wirklich laut lachen. Denn ich mag vieles sein, aber furchtlos bin ich ganz sicher nicht.
Ich habe massenweise Ängste, jeden Tag – sie sind nicht immer präsent, aber sie sind da.
Die größte Angst von allen ist, dass den Menschen die ich liebe etwas passiert (und an manchen Tagen rechne ich quasi stündlich damit) – aber ich habe auch Angst vor Krieg und Krankheiten, und vor dem was die Angst mit den Menschen macht; davor zu viel zu lieben oder zu wenig, andere zu viel zu unterstützen oder nicht doll genug, zu früh aufzugeben oder viel zu spät.
Ich habe wahnsinnige Angst vor dem Tag an dem mein Hund sterben wird; und sowieso davor, nicht gut genug zu sein. Ich habe Angst, dass ich nicht ausreichend für mich sorge; oder dass ich, wenn ich es tue, damit Menschen vor den Kopf stoße, die mir wichtig sind. Ich habe Angst mich entscheiden zu müssen, zwischen der Liebe zu mir selbst und zu Anderen. Und davor, dass meine Fehler mehr zählen, als alles was ich Gutes in die Welt bringe.
…Nur um mal ein paar meiner Ängste zu nennen; die Liste ist längst nicht vollständig.^^ Manche dieser Ängste blubbern nur leise unter der Oberfläche vor sich hin, andere machen mir manchmal richtig Bauchschmerzen oder bringen mich zum Weinen.
Also nein, ich bin NICHT furchtlos, kein bisschen – ich lasse mir von meiner Angst nur einfach nicht vorschreiben, was ich zu tun habe.
Wenn sie kommt, nehme ich sie zur Kenntnis – und dann erinnere ich mich daran wer der Boss in meinem Leben ist, und mache einfach mit dem weiter, womit ich gerade beschäftigt war.
Denn sorry, I have no time for your negativ bullshit – mein Leben und meine Zeit sind nämlich viel zu wertvoll, um meiner Angst auch nur ein Fitzelchen davon zu überlassen.
Und weil ich diese grundsätzliche Entscheidung vor vielen Jahren getroffen habe, überprüfe ich eben konsequent jede weitere Entscheidung dahingehend, ob die Angst da ihre Finger im Spiel hat – und wenn ja, tue ich das genaue Gegenteil von dem, wo sie mich hinkriegen will. Manchmal schlottere ich dabei vor Angst, aber was soll’s – ihr das Feld zu überlassen ist einfach keine Option. Punkt.
Und darum bin ich nicht furchtlos, sondern mutig. Denn Mut ist, wenn man’s trotzdem macht.
Denn es geht im Leben nicht darum, keine Angst mehr zu haben – es geht darum sie nicht gewinnen zu lassen.
(Und ich spreche hier auch nicht von Ängsten, die uns davor beschützen leichtsinnig unser Leben oder unsere Gesundheit aufs Spiel zu setzen, aber ich denke das ist eh klar.)
Und das Schöne ist: Je häufiger man eine Entscheidung gegen die Angst trifft, desto leichter wird es – weil die Angst ja merkt wen sie vor sich hat; und dass sie mit ihrem Rumgeprolle einfach niemanden mehr beeindrucken kann.
Die Freiheit wartet hinter der Angst – und darum lohnt es sich so sehr diesen Weg zu gehen, auch wenn er am Anfang Überwindung kostet.
Und wenn man erstmal erfahren hat, wie unglaublich befreiend es ist sich seiner Angst zu stellen, dann kann man sogar noch einen Schritt weitergehen – und seine Angst eben wirklich als Wegweiser nutzen:
Wenn ich mich frage was als nächstes in meinem Leben ansteht und dran ist, dann muss ich einfach nach dem Ausschau halten, was mir gerade am meisten Angst macht – und dann geht es da lang, wo die Angst ist.
Und das ist ein dermaßen genialer Kompass, dass meine Angst inzwischen mein größter Verbündeter auf dem Weg meiner inneren Heilung ist. Sie gibt die Prioritäten vor, und sie irrt sich nie.
Darum hab bitte keine Angst vor Deiner Angst! Nimm das riesige Geschenk an das sie für Dich bereit hält, und schau Dir an was sie Dir über Dich und Dein Leben erzählen kann. Wenn ihr zusammen arbeitet statt gegeneinander, dann könnt ihr wahre Wunder vollbringen und ganze Gebirge versetzen.
Denn die eigene Angst zum Partner zu machen, ist eine der klügsten Entscheidungen, die wir im Leben überhaupt treffen können; sie macht uns frei, stark und mutig.
Was würdest Du tun, wenn Du keine Angst hättest, sondern voller Vertrauen und Zuversicht wärst? Und in welchen Bereichen Deines Lebens benutzt Du Deine Angst noch als Ausrede, und versteckst Dich hinter ihr?
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